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Ein halbes Leben für die Yanomami – 9.1.2016

Quelle: Dithmarscher Landeszeitung (Wochenend-Journal), veröffentlicht am 9.1.2016

Die Kielerin Christina Haverkamp kämpft für bedrohte Amazonas-Indianer
yanomami-1Von Joachim Welding

Blumenthal – Die Menschenrechtsaktivistin Christina Haverkamp aus Blumenthal bei Kiel zieht Bilanz: 25 Jahre nach der ersten Expedition mit Rüdiger Nehberg in den südamerikanischen Regenwald schienen die Yanomami-Indianer vor dem Völkermord gerettet. Doch nun drohen neue Gefahren.

Ihren Rucksack hat Christina Haverkamp nach ihrer dreimonatigen Venezuela-Reise gar nicht ausgepackt. Hängematte und Latschen sind noch immer greifbar – zu Hause in ihrer Bauernhaus-WG in Blumenthal. „Mit diesem Rucksack bin ich schon als 21-jährige Studentin durch Südamerika gereist. Seitdem begleitet er mich auf allen Unternehmungen“, erzählt die 57-jährige Sport- und Mathe-Lehrerin. Warum sie leichtes Gepäck bevorzugt, musste die ebenso lebenslustige wie unerschrockene Menschenrechtlerin im April bei einer gefährlichen Aktion in Venezuela wieder einmal erfahren.

Mit einer legendären Bambusfloßfahrt über den Atlantik machten Rüdiger Nehberg und Christina Haverkamp 1992 auf das Schicksal der Yanomami-Indianer aufmerksam.

Mit einer legendären Bambusfloßfahrt über den Atlantik machten Rüdiger Nehberg und Christina Haverkamp 1992 auf das Schicksal der Yanomami-Indianer aufmerksam.

Dort lebt ein Teil der rund 25 000 Yanomami-Indianer im schwer zugänglichen Regenwald, ein anderer Teil bewohnt den Dschungel am Amazonas in Brasilien. Nachdem die Menschenrechtlerin eine Demonstration mit 100 Indianern in Kriegsbemalung in der Bezirksstadt Puerto Ayacucho organisiert hatte, geriet sie selbst ins Visier der sozialistischen Diktatur. „Die Demo schlug ein wie eine Bombe. Zeitungen, Fernsehen und Radio berichteten landesweit, über Twitter verbreitete sich der Protest gegen die katastrophale Gesundheitsversorgung wie ein Lauffeuer.“ Niemand habe erwartet, dass die Indianer gegen ein gefährliches Regime aufstehen. „Für die Würde und den Respekt unseres Volkes. Eine gute Gesundheit – sofort!“, forderten sie auf Plakaten.

„Eigentlich wollte ich anschließend mit den Yanomami unsere Krankenstation am Rio Orinoko besuchen, doch ein Freund hatte mich telefonisch gewarnt: Christina, du bist in großer Gefahr! Sie wollen Dich verhaften!“ 200 Regierungskritiker hat das Regime unter Nicolás Maduro seit Jahresbeginn schon hinter Gitter gebracht, wo viele gefoltert werden sollen. „Dazu kommen bewaffnete überfälle. Die Lage in der Hauptstadt Caracas ist noch gefährlicher, als ich befürchtet hatte. Es gibt kaum Lebensmittel, das Gesundheitssystem ist zusammengebrochen“, berichtet sie von ihren Erlebnissen. Von der Reisewarnung des Auswärtigen Amtes hat sich die Blumenthalerin allerdings nicht abschrecken lassen.

Yanomami Mädchen Haximu mit Holzschmuck.

Yanomami Mädchen Haximu mit Holzschmuck.

Sie hatte Glück: „Der Geheimdienst hatte mein Hotel beschattet, doch bei dem Bischof vor Ort erhielt ich zwei Tage politisches Asyl. Dann konnte ich frühmorgens mit dem nächsten Flugzeug Puerto Ayacucho verlassen.“ Auch wenn sie wegen der Sicherheitslage eine Lieferung Funkgeräte für die Yanomami aus Deutschland nicht mitnehmen konnte, zieht Haverkamp eine positive Bilanz: „Der Vizepräsident Arreaza hat eine Yanomami-Delegation nach Caracas eingeladen. Er versprach ihnen, ärzte, Medikamente und einen Hubschrauber zu schicken. Jetzt müssen wir sehen, ob Taten folgen. Die Yanomami lassen sich nicht mehr hinhalten.“

Auch das ist der Erfolg von 25 Jahren Unterstützungsarbeit für das bedrohte Volk. „Bei meinen ersten Reisen habe ich gesehen, wie viel Ungerechtigkeit und soziale Not in Südamerika herrschen. Die Yanomami waren in einen Bürgerkrieg geraten: 65 000 Goldsucher rodeten ihren Regenwald und verseuchten die Flüsse mit Quecksilber.“ Massaker, grausame Morde und eingeschleppte Krankheiten töteten Tausende Indianer. Die brasilianische Regierung deckte den illegalen Raubbau. Erst die spektakuläre Atlantiküberquerung von Rüdiger Nehberg und Christina Haverkamp 1992 mit einem Bambusfloß rückte das Schicksal der Ureinwohner in den Blick der Weltöffentlichkeit. „500 Jahre Amerika, 500 Jahre Völkermord. Rettet die Yanomami“ stand auf dem Segel. Dokumentationen zur besten Sendezeit im Fernsehen, Greenpeace, Amnesty International und der WWF erhöhten den Druck auf die Regierung, die die meisten Goldsucher schließlich Mitte der 1990er-Jahre aus dem Yanomami-Land verbannten.

Mit Nehberg und Haverkamp hatte sich ein Dream-Team für den unerschrockenen Kampf gegen alle Widerstände gefunden. „Da begegnet mir die Kielerin Christina, 25 Jahre jünger, Sportlehrerin, 58 Kilo Sehnen, Zähigkeit und Power“, berichtet „Sir Vival“, der sie in einem seiner Trainings kennenlernte. „Sie hat vor nichts Angst, ist aber auch nicht leichtsinnig.“ Irgendwann trennen sich die Wege der Beiden. Die Kielerin setzte sich nun verstärkt für die Gesundheitsversorgung und Bildung der Yanomami ein, baute drei Krankenstationen und vier Schulen. „Wir fördern nur die Dinge, die die Menschen selbst wollen. Und sie lernen, selbstständig mit Medikamenten und Mikroskopen umzugehen, um Malaria und Tuberkulose zu bekämpfen.“ 2002 nimmt Haverkamp mit einem Yanomami-Häuptling am Uno-Weltkongress für indigene Völker in New York teil – ein großer Erfolg. Die Deutsche hält Vorträge an der Harvard-Universität in den USA, in Paris, Rio und an unzähligen Schulen in Deutschland, bisher viele tausend Mal.

Vor der Krankenstation in Ixima.

Vor der Krankenstation in Ixima.

Inzwischen gehören die Yanomami zum Lernstoff an deutschen Schulen, ihr Schicksal ist in Schulbüchern dokumentiert. „Die Indianer sind mir deshalb so ans Herz gewachsen, weil sie im Einklang mit der Natur leben. Sie hinterlassen keinen Müll, unsere Sucht nach Luxus ist ihnen ebenso fremd wie der ständige Drang nach Fortschritt.“ Ihre Freunde im Regenwald haben Christina Haverkamp wegen ihres hartnäckigen Einsatzes den Spitznamen „Cohiba“ gegeben. Das bedeutet so viel wie: „Harte Bohne, die sich nicht weich kochen lässt“!

Infos im Internet: www.yanomami-hilfe.de

Schülerinnen ergriffen von Vortrag über Yanomami-Indianer in Südamerika

Schulleiter Alfons Bauer bedankte sich bei der Referentin für den informativen und beeindruckenden Vortrag.

Schulleiter Alfons Bauer bedankte sich bei der Referentin für den informativen und beeindruckenden Vortrag.

Die Menschenrechtlerin Christina Haverkamp referierte sehr eindrucksvoll vor den Schülerinnen der 5. – 8. Jahrgangstufen von ihrem Einsatz für eines der letzten Naturvölker unserer Erde. Die Zuhörerinnen waren begeistert und traurig zugleich aufgrund des Unrechts gegen diese Indianer.

„Wheti wa wa hu?“ ist Yanomamé und heißt auf deutsch: „Wie heißt du?“. Doch diese Frage wird längst nicht mehr gestellt, wenn Christina Haverkamp zu den Yanomamis nach Brasilien oder Venezuela reist, sie ist seit vielen Jahren bei ihnen angenommen und lebt bei ihnen wie ein richtiges Stammesmitglied.

Die Menschenrechtsaktivistin, die sich bereits ihr halbes Leben lang für das bedrohte Indianervolk der Yanomamis einsetzt, zeigte mit ihren beeindruckenden Bildern, welch schlimme Lebenssituation dort herrscht. Ihren Beruf als Lehrerin hat sie längst aufgegeben, um sich mit selbstlosem Engagement und außerordentlichem Mut für das Überleben des Urvolkes einzusetzen. Das Unrecht begann in den 80er Jahren, als erste Goldfunde im Gebiet der Yanomamis bekannt wurden. Schnell waren es über 50.000 Goldsucher, die in den Urwald der Indianer eindrangen, ihre Wälder rodeten, sie aus ihren Dörfern vertrieben oder sie gar ermordeten. Krankheiten wie Malaria, Tuberkulose, Masern oder Grippe wurden von den Fremden eingeschleppt. Außerdem verseuchten sie im Zuge der Goldgewinnung die Flüsse mit Quecksilber und somit auch die Nahrung und das Trinkwasser.

Durch nun brachliegende Sümpfe entstanden Brutstätten für die Malaria-Mücken, denen die Indianer schutzlos ausgeliefert sind. Viele Jahre lang wurden die Menschenrechtsverletzungen von den Regierungen Venezuelas und Brasiliens einfach verleugnet. Anstatt die Naturvölker zu schützen, wurden in Venezuela Regierungskritiker und Helfer der Yanomamis sogar verhaftet. Die Regierung Brasiliens unterstützte vielmehr die „Bosse“ der Goldsucher in ihrem Bestreben, das Naturvolk auszurotten, um ungehindert an das Edelmetall zu kommen.

Vieles hat Christina Haverkamp seit ihrem unermüdlichen Einsatz für die Indianer bereits erreicht: Die Überquerung des Atlantiks auf einem selbstgebauten Bambusfloß gemeinsam mit dem Aktivisten Rüdiger Nehberg brachte ihr 1992 eine erste große Aufmerksamkeit für das Unrecht in Südamerika. Sie gründete den Yanomami-Hilfeverein und konnte gemeinsam mit anderen Mitstreitern bereits drei Krankenstationen und 12 Schulen aufbauen. Dort werden die Indianer unter anderem unterrichtet, welche Rechte sie haben. Mit Geldern der Yanomami-Hilfe e.V. kaufte sie Moskitonetze und Mikroskope für die Früherkennung von Tuberkulose. Außerdem brachte sie Sprechfunkgeräte nach Südamerika, damit die entlegenen Indianerstämme sich gegenseitig vor immer noch herannahenden Goldsuchern schützen können. Anfang dieses Jahres organisierte sie eine Demonstration der Yanomami in Puerto Ayacuchco (Venezuela) mit dem Ergebnis, dass der Vizepräsident von Venezuela bei einem anschließenden Gespräch versprach, Ärzte und Medikamente zu schicken.

Nach dem Vortrag meldeten sich alle Schülerinnen, die auch bei den Yanomami ein Projekt aufbauen möchten.

Nach dem Vortrag meldeten sich alle Schülerinnen, die auch bei den Yanomami ein Projekt aufbauen möchten.

Ob den Versprechungen auch Taten folgen bleibt abzuwarten. Die Schülerinnen wünschen es der ehemaligen Lehrerin sehr und für die Yanomamis hoffen wir, dass sie endlich menschenwürdig behandelt werden. Abschließend stellte die Referentin die Frage, wer sich ein ähnliches Engagement nach seinem Schulabschluss an der Realschule Damenstift vorstellen könne. Sehr viele Finger erhoben sich und dies war die Bestätigung dafür, dass die Mädchen wirklich sehr berührt waren von dem eindrucksvollen Vortrag, den ergreifenden Bildern und dem Einsatz dieser selbstlosen Frau.

Menschenrechtlerin Christina Haverkamp zu Besuch an der Realschule – 21.12.2015

Quelle: Der Bayerwald-Bote, − bb

Christina Haverkamp, Menschenrechtsaktivistin und Atlantik-Überquererin (rechts), erzählte den Regener Realschüler von ihrem Engagement zugunsten des Indianerstammes der Yanomami. − Foto: Vogl

Christina Haverkamp, Menschenrechtsaktivistin und Atlantik-Überquererin (rechts), erzählte den Regener Realschüler von ihrem Engagement zugunsten des Indianerstammes der Yanomami. − Foto: Vogl

„Seit zwei Monaten bin ich wieder von den Yanomami zurück“. Mit diesem Satz hat Christina Haverkamp ihr junges Publikum mit auf ihre abenteuerlichen Reisen zu einem der letzten Naturvölker unserer Erde genommen. Die Schüler der Regener Siegfried-von-Vegesack-Realschule schauten gebannt auf die Leinwand und hörten aufmerksam zu, als Menschenrechtsaktivistin Christina Haverkamp erzählte.

Und dabei erfuhren die Regener Realschüler unter anderem, dass die Existenz und Lebensweise dieser Indianer im südamerikanischen Amazonas-Gebiet seit fast vier Jahrzehnten bedroht wird – von Goldsuchern, Großgrundbesitzern und von aus der Zivilisation eingeschleppten Krankheiten, die bei uns in Europa meist unbeschadet überstanden werden.

Haverkamp zeigte beeindruckende Bilder vom Alltag der bis zu 200 Bewohner der Yanomami-Dörfer, die gemeinsam in einem großen Rundbau wohnen. Sie trauern mit besonderen Riten um ihre Toten, gehen mit Pfeil und Bogen auf die Jagd, leben von Fischfang und Bananenanbau. Für die Kinder sei der Urwald am Amazonas ein Abenteuerspielplatz, berichtete die Referentin. „Sie bauen Einbäume und nutzen alles, was sie umgibt“, erzählte die durchtrainierte Kielerin, die mit orangefarbenem Band im blonden Haar immer noch abenteuerlustig wirkt.

1991 organisierte Christina Haverkamp eine Frauenexpedition in den Regenwald und unterstützte ein Ärzteteam bei den Yanomami vor Ort. Im Kolumbusjahr 1992 überquerte sie auf einem selbstgebauten Bambusfloß zusammen mit dem Menschenrechtler und ÜberlebensSpezialisten Rüdiger Nehberg den Atlantik, um auf die Landrechte der Indianer aufmerksam zu machen. In den letzten Jahren baute sie im Amazonasgebiet drei Krankenstationen mit Schulen für die Yanomami auf. Der Aufbau einer solchen Station kostet rund 70 000 Dollar. Finanziert wird dies ausschließlich durch Spenden. Im nächsten Jahr will Haverkamp mobile Funkstationen kaufen, damit einzelne abgelegene Dörfer über eine größere Distanz hinweg in Verbindung bleiben und bei Bedarf Hilfe holen können.

Nicht nur die vielen Fotos ihrer Expeditionen, sondern auch die Art und Weise, wie Christina Haverkamp von ihren Erlebnissen berichtete, faszinierten die Schüler und sorgten noch für viel Gesprächsstoff.