Hilfe für die Yanomami-Indianer

Quelle: Schleswig-Holstein am Sonntag 13.11.2011

ENGAGEMENT Sie baut Krankenstationen in Südamerika und bringt Ureinwohnern Brasilianisch bei: Christina Haverkamp ist „Abenteurerin mit Sinn“. über ihre Erlebnisse will die Schleswig-Holsteinerin jetzt ein Buch schreiben.

VON CHRISTINA NORDEN

BLUMENTHAL/CARRACAS Sie leben wie vor mehreren hundert Jahren, haben keine Autos, kein Telefon und erst recht kein Internet. Im tiefsten Dschungel Brasiliens leben die Yanomami-Indianer – vollkommen abgeschieden von der Welt. Es gibt nur eine Verbindung: Christina Haverkamp.

Hilfe für die Yanomami-Indianer

Hilfe für die Yanomami-Indianer

Die 53-Jährige aus Blumenthal (Kreis Rendsburg-Eckernförde) unterstützt die Ureinwohner seit 1989 im Kampf um ihre Anerkennung. Sie hilft im Streit mit den brasilianischen Behörden und baut Krankenstationen in Malaria gefährdeten Regionen.

Der berühmte Abenteurer Rüdiger Nehberg führte sie an ihre Aufgabe heran. Gemeinsam bauten sie 1992 in Wedel ein Floß und überquerten damit den Atlantik, um anlässlich des 500-jährigen Jubiläums von Columbus Amerika-Entdeckung auf die Probleme der Ureinwohner aufmerksam zu machen. Doch die Aktion blieb erfolglos. Seitdem engagiert sich Christina Haverkamp direkt vor Ort.

„Ich verbringe im Jahr drei bis fünf Monate bei den Yanomami in Brasilien und neuerdings auch in Venezuela“, erzählt die Blumenthalerin. Die Chance, Ungewöhnliches zu erleben, ist groß. Über ihre Erlebnisse will Christina Haverkamp jetzt ein Buch schreiben. Potenzielle Kapitel könnten folgende sein:

Das Yanomami-Leben

Auf dem Speiseplan stehen statt Kartoffeln mit Schnitzel Anakondas, Krokodil, Affen und Piranhias. Die Yanomami leben in Clans. Bis zu 40 Menschen teilen sich eine runde Hütte, geschlafen wird in Hängematten. Stirbt ein Mitglied wird die Totenasche unter Bananenmus gemischt und gegessen, um den Toten im Kreise der Verbliebenen weiter leben zu lassen. „Die Yanomami haben ansonsten kein Fortschrittsdenken. Sie leben nur im Hier und Jetzt, im Einklang mit der Natur. Das mag Christina Haverkamp besonders an ihnen.

Das kurioseste Ereignis

Zusammen mit dem Yanomami-Häuptling Joao Davi flog sie nach New York zu den Vereinten Nationen. „Das war für einen Yanomami so wie für uns auf dem Mars“, erinnert sich Haverkamp. „Er hatte Angst, dass die Hochhäuser einstürzen, mochte nicht mit der U-Bahn fahren. Nachts konnte er nicht allein in seinem Zimmer schlafen, erst recht nicht im Bett. Wir mussten ihm ex-tra eine Hängematte kaufen. Anlass der Reise war eine Rede vor der UNO, in der der Yanomami auf die Probleme der Ureinwohner aufmerksam machte. Haverkamp: „Diplomatischer Druck ist das einzige Mittel, um die Lebenssituation der Ureinwohner zu verbessern.“

Ein anderes Ereignis hat der 53-Jährigen gezeigt, wie sehr sie von den Yanomami unterstützt und akzeptiert wird: „Ich wurde von den brasilianischen Behörden wegen angeblicher Sklaverei verhaftet. Die Yanomami kamen zur Polizeistation, umstellten das Gebäude mit Pfeil und Bogen. Dann wurde ich freigelassen.“

Die Probleme der Yanomami

Die größte Bedrohung für das abgeschiedene Leben sind Goldsucher. Durch die Euro-Krise wird die Goldsuche wieder attraktiver. Die Folge: Quecksilbervergiftungen, weil das Metall zum Auswaschen des Goldes verwendet wird. Die bei den Arbeiten der Goldgräber entstehenden Sümpfe sind ideale Brutstätten für die Malariamücke Anopheles.

Die Haverkamp-Projekte

Das allgegenwärtige Motto lautet „Hilfe zur Selbsthilfe“. „Ich helfe, wo ich kann, aber will nicht unentbehrlich werden.“ Die Yanomami müssen immer mit anpacken – so beim Bau der Krankenstationen. Und sie sollen Brasilianisch lernen, um mit ihren Nachbarn aus der zivilisierten Welt verhandeln zu können. Das Ziel ist, dass die einheimischen Nicht-Regierungsorganisationen und die Indianer die Arbeit später selbstständig weiterführen.

Vor vier Jahren wurde der Verein Yanomami-Hilfe gegründet, um auch in Deutschland verstärkt auf die Probleme der Ureinwohner aufmerksam zu machen. „Wenn ich nicht in Südamerika helfe, halte ich in Schulen und Universitäten Vorträge , um aufzuklären. Der Kontakt zu den Yanomami bricht aber nie ab. „Wir tauschen uns per Satteliten-Telefon aus“, erklärt Haverkamp.

Eine endgültige Auswanderung schließt die Blumenthalerin aus. „Ich liebe die Rapsfelder. In SchleswigHolstein fühle ich mich richtig wohl.“

YANOMAMI-HILFE

Deutsche Unterstützung

Der Verein unterstützt die Yanomami bei der medizinischen Versorgung und der Schulausbildung. Um ihre Zukunft selbst bestimmen zu können, müssen sich die Ureinwohner auf den Kontakt mit der modernen Zivilisation vorbereiten. Christina Haverkamp will besonders junge Menschen für die Problematik sensibilisieren.